Amateurfußball

Nie wieder „Hardi“

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Ein Bild, das der Vergangenheit angehört: Der Hartplatz des FC Eddersheim mit Blick von der Staustufe. Bild: Rondinella

An diesem Wochenende ist beim FC Eddersheim eine Ära zu Ende gegangen: Den kleinen Hartplatz an der Staustufe wird es in Zukunft nicht mehr geben. Um vor allem den vielen Jugendlichen eine bessere Perspektive zu bieten wird das „Stadion Rote Erde“ durch einen modernen Kunstrasen ersetzt. „Das war einfach überfällig. Man hat auch in den vergangenen Wochen und Monaten in Gesprächen mit potentiellen Neuzugängen gemerkt, dass der neue Kunstrasen ein schlagendes Argument ist nach Eddersheim zu wechseln“, erklärt FCE-Sprecher Patrick Schuch. Trotz allem: Ihren „Hardi“ vermissen sie jetzt schon und allein der Charme, den dieser Platz über viele Jahrzehnte versprühte, war Anlass, ihn mit einem Spiel zweier Traditionsmannschaften gebührend zu verabschieden.

Die „Hartplatz-Foundation“ trat gegen die „Rote-Erde-Fraktion“ an. Zahlreiche aktuelle aber insbesondere ehemalige Akteure des Vereins hatten noch einmal ihre Fußballschuhe ausgegraben, um sich auf dem Ascheplatz über zweimal dreißig Minuten noch einmal richtig auszutoben. „In Zusammenarbeit mit Karl-Heinz Zientarra (Platzwart des FC Eddersheim Anm. d. Red.), der immer ein besonderes Faible für solche Abschiedsspiele hat, haben wir vor einiger Zeit angefangen zahlreiche ehemalige Spieler zu kontaktieren“, erzählt Schuch. Über Facebook und E-Mail nahm er Kontakt auf, innerhalb kürzester Zeit hatte sich eine illustre Runde gefunden.

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Die Aufstellungen der beiden „Traditionsmannschaften“. Handschriftlich durch die Torfolge von Patrick Schuch erweitert. Bild: Nils Malzahn

Nie ein Trainingsspiel gewonnen

Klar: Der Spaß stand im Vordergrund, das Ergebnis der Begegnung war mehr als zweitrangig. Einige Spieler, die zwar selbst nicht mehr auflaufen, dem Hartplatz aber dennoch die letzte Ehre erweisen wollten, kamen in Zivil und wohnten dem Abschiedsspiel als Zuschauer bei. Thorsten Seuberth, ehemals Vollblutstürmer und Torjäger, mittlerweile Trainer von Gruppenligist Germania Weilbach, war einer der Zaungäste: „Ein Highlight war damals unser Pokalspiel gegen Eschborn, die zu dieser Zeit zwei Klassen über uns gespielt haben“, erzählte Seuberth. Der Mann mit der Glatze traf beim 2:1-Überrschungscoup selbst ins gegnerische Tor. Überhaupt gab und gibt es wohl keinen Platz im Main-Taunus-Kreis auf dem der Heimvorteil je so eine Bedeutung gehabt hätte wie in Eddersheim. Die kleinen Maße machten es jedem Gegner schwer, obgleich Patrick Schuch betonte, „dass er natürlich die Mindest-Anforderungen des Hessischen-Fußball-Verbandes erfüllt hat“. Thorsten Seuberth erinnerte sich unterdessen aber auch an unzählige Trainingseinheiten, „in denen meine Mannschaft auf dem Hartplatz nicht ein Spiel gewonnen hat. Irgendwann wollte mich keiner mehr in seinem Team haben“, sagt Seuberth mit einem Augenzwinkern. Freud und Leid lagen auf dem „Hardi“ tatsächlich schon immer sehr eng beieinander.

Unterdessen entwickelte sich im letzten Kick auf dem Hartplatz ein munteres Spiel. Nach anfänglichem „Abtasten“, wie es Patrick Schuch für die zahlreichen Zuschauern per Mikrofon kommentierte, traf Dirk Jürgens, jahrelang bester Torschütze der Zweiten Mannschaft gleich doppelt zur Führung für die Hartplatz-Foundation. Ali Ücelehan, netzte als Erster für die „Rote-Erde-Fraktion“ ein. Noch vor dem Seitenwechsel gönnten sich die Akteure das wohlverdiente Halbzeitbierchen, Heiko Konrad, noch heute für die Zweite Mannschaft aktiv, gönnte sich immer wieder ein Getränk, das nach Cola aussah, aber nicht danach roch. „Dieser Platz ist einfach Kult. Einen Moment herauszuheben ist wirklich schwer“, verriet der 38-Jährige, der auch in der kommenden Spielzeit die Fußballstiefel für den FCE schnüren will. „Dass heute noch einmal so viele ehemalige Spieler zusammenkommen zeigt doch, dass das hier einfach ein geiler Verein ist. In so einer Form gibt’s das sonst nirgendwo.“

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Nur wenige Meter trennen Außen- und Strafraumlinie. Ein Foul auf der Außenbahn war in Eddersheim meist gleichbedeutend mit einem Strafstoß. Bild: Nils Malzahn

In der zweiten Halbzeit fielen die Tore dann wie reife Früchte. Mal zählten sie, manchmal auch nicht – die Gründe? Nicht immer direkt ersichtlich. Kurz vor Schluss führte die Hartplatz-Foundation nach Toren von Sebastian Metzger, Tobias Uhrig, Markus Wagner und Niklas Zörb-Stach mit 5:4, als Paul Schuster auf die glorreiche Idee kam, sich für die letzten Sekunde parallel zu Jeans und feinem Schuhwerk ein Trikot überzustreifen, um auf Roter Erde noch einmal mitzumischen. Ihm war es vorbehalten in letzter Sekunde vorbei an Torhüter Joachim Lahr den 5:5-Endstand zu erzielen. „Unfassbar“, wie es Patrick Schuch in Worte zu fassen versuchte und nicht wenige Kiebitze versuchten sich an einen ähnlich schönen Schuster-Treffer im FCE-Trikot zu erinnern…ergebnislos.

Der lange Abend war mit diesem Gaudi-Kick natürlich freilich erst eingeläutet. Noch lange saßen gleichermaßen passive wie aktive Mitglieder zusammen, erzählten sich Anekdoten und tranken das ein oder andere Bier zusammen. Die Qualität der Spiele wird sich auf dem neuen Grün mit Sicherheit erhöhen, die Nostalgie geht ein wenig verloren. Diese Entwicklung ist aber leider auch im Amateurfußball nun mal nicht mehr aufzuhalten.

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